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E-Auto-Fabrik: Muss Wald weichen? Bürgerinitiative kündigt Klage gegen Tesla-Erweiterung an

Die Gemeindevertreterversammlung von Grünheide entscheidet heute Nachmittag über einen Ausbau des Tesla-Werks. Es geht um einen Güterbahnhof im Wasserschutzgebiet. Sollte die Gemeinde zustimmen, planen Kritiker juristische Schritte.

Die Stimme von Steffen Schorcht klingt belegt. Drei Tage lang hatte der 63-jährige Vertriebsmitarbeiter am vergangenen Wochenende zusammen mit mehr als tausend Demonstranten vor den Toren des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide demonstriert. An diesem Donnerstag will Schorcht schon wieder protestieren, dieses Mal vor der Müggelspreehalle in Grünheide. Denn dort findet heute die aus seiner Sicht alles entscheidende Sitzung für die Zukunft seiner Heimat statt.

In der Mehrzweckhalle sollen die Gemeindevertreter über den Bebauungsplan Nr. 60 abstimmen: Weitere 50 Hektar Wald will Elon Musks Konzern roden und einen Güterbahnhof im Wasserschutzgebiet bauen. Die Kräfteverhältnisse im Gemeinderat lassen erwarten, dass die Gemeindevertreter den Bebauungsplan genehmigen werden. 

Sie wollen “Tesla den Hahn abdrehen”

Einige Anwohner wollen das nicht hinnehmen. “Wir werden gegen einen positiven Erweiterungsbeschluss juristisch vorgehen”, kündigte Schorcht gegenüber dem stern an. Schorcht ist Sprecher der tesla-kritischen Bürgerinitiative Grünheide. Geplant sei eine Klagegemeinschaft der Bürgerinitiative gemeinsam mit weiteren Umweltverbänden und Klimaschutzinitiativen, darunter dem Bündnis “Tesla den Hahn abdrehen”. Vermutlich werde einer der großen Umweltverbände die Klage offiziell führen, die anderen Initiativen würden sich finanziell beteiligen. 

Die Wut der Kritiker ist auch deshalb so groß, weil sich viele Menschen in der Region von der Politik mit ihren Sorgen nicht ernstgenommen fühlen. Schon im vergangenen Jahr hatte eine soziologische Studie des Leibniz-Instituts für Raumbezogene Sozialforschung gewarnt, welche hohen politischen Kosten die Tesla-Ansiedlung in Brandenburg bislang nach sich gezogen habe. Die Anwohner hätten den Eindruck, von den Politiker nicht ausreichend informiert und einbezogen worden zu sein. 

300 Hektar umfasst das vorhandene Fabrikgelände. Das neue Grundstück schließt östlich daran an
© Jochen Eckel

Mehrheit der Bevölkerung gegen Erweiterung

Die Folge: Politikverdrossenheit. Trotzdem gibt es derzeit in Grünheide vor allem eine Partei, die sich klar gegen den Ausbau des Werks positioniert. Die AfD. Das ist umso erstaunlicher, weil am 9. Juni in Brandenburg Kommunalwahlen stattfinden. Und, weil sich bei einer Bürgerbefragung im Februar 2024 die Mehrheit der Grünheider gegen die Erweiterung ausgesprochen hatte. Eigentlich stellte das Votum einen klaren Auftrag an die Politik dar, das Projekt abzulehnen.

Tesla hatte allerdings auf das fatale Umfrageergebnis reagiert und einen überarbeiteten Bebauungsplan vorgelegt. Statt der ursprünglich geplanten 100 Hektar Wald soll nun rund die Hälfte gerodet werden. Gebaut werden soll auf dem Grundstück östlich der Tesla-Fabrik weiterhin der Güterbahnhof. Gestrichen hatte Tesla dagegen einen Werkskindergarten und einige Lagerflächen. Grünheides parteiloser Bürgermeister Arne Christiani sprach sich für den überarbeiteten Bebauungsplan aus und nannte ihn einen “Kompromiss”.

Güterbahnhof auf dem Wasserschutzgebiet

Für viele Anwohner klingt das dagegen wie der reinste Hohn. Der Konzern gefährde schon auf der vorhandenen Fläche die Wasserversorgung der Region, fürchten sie. Das Werk steht auf einem Trinkwasserschutzgebiet. Recherchen von stern und RTL hatten im vergangenen Jahr aufgedeckt, dass es auf dem Gelände seit der Eröffnung zu mehr als zwei Dutzend Havarien gekommen war. Auch der nun geplante Güterbahnhof soll auf einem Grundstück entstehen, das sowohl in der Wasserschutzzone als auch im Landschaftsschutzgebiet liegt.

STERN PAID 40_23 Tesla

Tatsächlich ist ein mögliches “Ja” der Gemeindevertreter zum Bebauungsplan deswegen rechtlich noch gar nicht bindend. Zuvor muss das Umweltministerium die Ausgliederung des Grundstücks aus dem Landschaftsschutzgebiet noch genehmigen. Der Landkreis Oder-Spree muss außerdem die beantragte Befreiung nach dem Wasserhaushaltsgesetz erteilen.

Bebauungsplan bedroht geschützte Tierarten

“Wir hoffen, dass es dazu nicht kommt”, sagt Schorcht von der Bürgerinitiative Grünheide. Ein Güterbahnhof stelle eine weitere Gefahr für das Trinkwasser der Region dar. “Über den Bahnhof würden unter anderem auch Chemikalien transportiert”, sagt Schorcht. Für den Artenschutz seien die Pläne ebenfalls fatal. Der von der Rodung bedrohte Wald sei ein Habitat für Schlingnattern und Zauneidechsen. 




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Author : Tina Kaiser

Publish date : 2024-05-15 22:01:00

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