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Doku über Thomas Müller: Wie kann dieser Mann einer der Besten sein?


Karl-Heinz Rummenigge findet vieles an ihm nur durchschnittlich und doch ist Thomas Müller ein Phänomen. In einer Doku zeigt der Gute-Laune-Bayer seine unsichere Seite.

Kurz vor der Jahrtausendwende, als Teenie-Filme noch wirklich so hießen, gab es einen Streifen, an dem man nur schwer vorbeigekommen ist: In “Eine wie keine” wird aus der unangepassten Laney am Ende eine strahlende Ballkönigin, die sich Krönchen und High-School-Schönling schnappt. Dass man sich anpassen muss, um zu gefallen, passt zwar nicht recht zum Titel. Der ist dafür aber eingängig. So eingängig, dass ihn Fußball-Trainer Pep Guardiola ob gewollt oder ungewollt nutzte, um Thomas Müller zu adeln: “Einer wie keiner”, sagt er in einer neuen Amazon-Doku über seinen ehemaligen Schützling. Und so heißt auch eben diese Dokumentation. 

Nun ist es unwahrscheinlich, dass der 35-jährige Müller noch zum König eines Abschlussballs mutieren wird, ganz trennscharf verläuft die Linie zwischen ihm und der angeblich so durchschnittlichen Filmheldin Laney aber nicht. Das belegt etwa Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratsmitglied beim FC Bayern München: “Thomas ist nicht sehr schnell. Er ist durchschnittlich schnell. Seine Technik ist Durchschnitt. Sein Dribbling ist Durchschnitt. Aber er ist Thomas Müller.” 

Rummenigge spricht in Amazon-Doku über Thomas Müller

Das heißt: Ein Spieler, in dessen Vita unter anderem zwölf deutsche Meisterschaften stehen, zwei Titelgewinne in der Champions League und ein Weltmeisterpokal. Wie hat es also dieser offenbar sehr durchschnittliche Fußballer geschafft, zu einem der erfolgreichsten Spieler überhaupt zu werden?

Bei dieser Frage bleibt die Amazon-Doku vage. Sie erzählt den Werdegang des Jungen aus dem oberbayrischen Pähl streng chronologisch. Seine Fähigkeiten sind in den rund 90 Minuten des Films einfach da. Anders als etwa David Beckham, der von seinem Vater gedrillt wurde, scheint Müller sein Talent in die Wiege gelegt bekommen zu haben. Talent, das sich vor allem in seiner enormen und schwer trainier- und erklärbaren Spielintelligenz zeigt, weniger in den technischen Fertigkeiten. Vielleicht kann die Dokumentation Müllers Klasse also gar nicht richtig beschreiben?

Selbst Profis tun sich schwer. Ex-Bundestrainer Jogi Löw sagt: “Wenn Messi der Zauberer ist, dann ist er der Zylinder. Du weißt nicht, was als Überraschung dabei herauskommt.”

Einige Trainer des FC Bayern München – der einzige Verein, in dem er je als Profi angestellt war und es immer noch ist – wussten nicht, wie sie aus diesem Zylinder etwas herausholen sollten, andere wussten es meisterhaft. Folglich ist Müllers Geschichte eine mit Aufs und Abs. Die Doku folgt diesen Aufs und Abs und steigt im Sommer 2023 ein, einem Jahr vor der Heim-Europameisterschaft, zu der er es als Spieler unbedingt noch schaffen will. Müller sitzt zu der Zeit im Verein hauptsächlich auf der Bank, weil der damalige Bayerncoach Thomas Tuchel nicht auf ihn setzt. 

Wie Thomas Müller für einen Einsatz bei der EM 2024 kämpfte

Wie ein Profi mit einer solchen Situation umgehen muss und wie sie an ihm nagt, das zeigt der Film eindrücklich und schafft es, eine Seite von Thomas Müller zu offenbaren, die man noch nicht kannte. Inklusive einer Unsicherheit, die man bei ihm nicht vermutet hätte, wo er sich doch so oft gut gelaunt und schelmisch gibt. Nach einer bitteren Niederlage sagt er in einer Szene in die Selfie-Kamera: “Wenn du so kurz vor einer Heim-EM zwei Spiele hintereinander verlierst, dann ist dieses Gefühl, scheiße zu sein, ein Versager zu sein, real.”   

Müller ist einer der normalsten und nahbarsten Profis der Branche, in der Hinsicht gibt der Film keine neuen Erkenntnisse. In seiner Freizeit hilft er seinen Eltern beim Apfelernten, ist im Reitstall oder beim Golfen. Nur sind die Themen, die dabei besprochen werden, eben welche mit Schlagkraft im Milliardengeschäft Fußball. Und so ist die Doku am besten, wenn sie genau diese Seite des Fußballers zeigt, den privaten Thomas Müller. Der auf der Eisstockbahn einem Freund von seiner millionenschweren Vertragsverlängerung erzählt, als würde er darüber sprechen, beim Feuerwehrfest auch im nächsten Jahr am Grill zu stehen. 

Die Doku zeigt den privaten Thomas Müller

Das wirkt alles sehr geerdet, dafür sorgen auch Müllers Eltern Klaudia und Gerhard, die das Filmteam ausgiebig zu Wort kommen lässt. “Ich sehe es als meinen Erziehungsauftrag, ihn zu erinnern, dass er nicht der Allergrößte ist”, sagt die Mutter und lacht. Welche Belastung es allerdings mit sich bringt, einen weltberühmten Sohn zu haben, darüber sprechen die Eltern auch. Und wie es ist, mit einem der bekanntesten Fußballer des Landes verheiratet zu sein, das erzählt Ehefrau Lisa Müller. Sie gibt offen zu, wie sehr ihr die Situation zu schaffen macht. Trotzdem schafften es die beiden, ein skandalfreies Leben zu leben; Scheidungsgerüchte, die vor einigen Monaten aufkamen und noch immer umher wabern, gehören zu den spektakuläreren Meldungen über Müllers Privatleben. 

Die Doku macht also vieles richtig dabei, ein Porträt des Fußballers zu zeichnen, obwohl oder eben weil sie selbst auch so unspektakulär daherkommt. Andere Sportdokumentationen schaffen es zwar, sich näher heranzuarbeiten an die Materie und tiefere Blicke hinter die Kulissen zu werfen; mit schöneren Bildern und mehr Effekten. Doch diesen Anspruch scheint “Einer wie keiner” gar nicht zu haben.

Sie bringt den Zuschauern einen Menschen näher, der schon lange da ist (sein Profidebüt gab Müller 2008), der für Vereinstreue steht wie kaum ein zweiter, der alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, und der eine Fußballepoche repräsentiert, aus der es kaum noch aktive Spieler gibt. Etwas Nostalgie kommt beim Zuschauen also durchaus auf, insbesondere, wenn Müller einen typischen Müller-Satz sagt wie diesen: “In meinem Alter geht’s nicht darum, auf Chancen zu lauern. Sondern darum: Wann ist die betreute Toilette wieder frei?”

Die Dokumentation “Einer wie keiner” läuft ab dem 4. März auf Amazon Prime.   




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Author : Gideon Ötinger

Publish date : 2025-02-26 03:39:00

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