Neben Kampfflugzeugen vom Typ F-16 soll die Ukraine auch französische Maschinen vom Typ Mirage 2000-5 erhalten, und zwar schnell. Macrons Versprechen dürfte sofort Wirkung zeigen. Die Mirage löst den Engpass bei der Ausbildung der Kampfpiloten.
Frankreichs Präsident hat angekündigt, Kiew mit Kampfflugzeugen vom Typ Mirage 2000-5 zu unterstützen. Das ist kein kleines Versprechen, und dementsprechend groß ist auch das Echo. Der Jet käme nämlich zu den bereits zugesagten F-16 amerikanischer Bauart hinzu. Zwar ist ein Mix verschiedener Typen eigentlich, von der Logistik her betrachtet, nicht optimal.
Im Falle der Ukraine stellt die Mirage aber eine wichtige Ergänzung dar. 84 solcher F-16 sind zugesagt, die meisten werden das Land nur nicht in diesem Jahr erreichen. Dazu kommt ein großes Problem mit der Ausbildung der Piloten. Bis zum Ende des Jahres können vermutlich nur 20 Ukrainer auf dem Jet geschult werden. Die F-16 ist, wenn man so will, ein Auslaufmodell, die Ausbildungskapazitäten dafür sind gering und nicht maßgeblich aufgestockt worden.
Schnell einsatzfähig
Macron hingegen will die Mirage 2000-5 rasch liefern und spricht von etwa einem halben Jahr Ausbildungszeit. Das scheint knapp bemessen und in erster Linie dem Ehrgeiz des Präsidenten Rechnung zu tragen, könnte aber erreicht werden, wenn die Personen bereits Piloten sind. Dann ist es nicht unrealistisch. Ein ehemaliger Pilot der französischen Luftwaffe, der in den späten 1990er und 2000er Jahren an der Umstellung ostdeutscher MiG-29-Piloten auf Mirage 2000 beteiligt war, sagte zu “Air Cosmos”, dass Piloten, die bereits für Mig-29 qualifiziert sind, nur etwa drei Monate bräuchten, um eine Mirage 2000 zu beherrschen. Man wäre in dem Fall zwar gewiss kein Teamleader, für einen einfachen Piloten aber reiche die Zeit.
Zeit ist dann auch ein gutes Stichwort, denn die Mirage 2000 entführt uns in eine längst vergangene. Ihren Erstflug hatte sie im Jahr 1978, also vor 46 Jahren. Bei dem Modell handelt sich um einen einsitzigen Deltaflügler mit einem Triebwerk. Das Konzept eines Deltaflügler ohne separates Höhenleitwerk geht übrigens auf den deutschen Konstrukteur Alexander Lippisch zurück, der auch das Raketenflugzeug Messerschmitt Me 163A V4 Komet entworfen hatte. Die Produktion der Mirage 2000 endete 2007. Bei der verbesserten Version 2000-5 war der Erstflug im Jahr 1990. Ja, das hört sich “alt” an, sogar sehr, man sollte aber nicht vergessen, dass auch die F-16 seit 1976 gebaut wird.
Mirage fortgeschrittener als die ukrainischen Maschinen
Bei den reinen Flugleistungen muss sich die Mirage 2000-5 nicht verstecken. Sie erreicht 2390 km/h, beziehungsweise Mach 2,25, die Steiggeschwindigkeit ist mit 305 Meter pro Sekunde sehr hoch. Die Kurvenfähigkeit liegt allerdings nicht auf dem Stand moderner Jets. Die 2000-5 war ein bedeutender Fortschritt gegenüber der vorigen Mirage-Variante. Sie ist für Luft-Luft- und auch für Luft-Boden-Einsätze konzipiert. Im Vergleich zur F-16 gilt die Mirage als robustes Flugzeug mit einfacherer Wartung. In der Ukraine kann das ein entscheidender Vorteil sein. Sobald Flugfelder für die anspruchsvolle F-16 hergerichtet werden, bleibt das den Russen nicht verborgen, sie greifen diese Plätze dann an. Me 163 Komet 19.00
Die Mirage 2000-5 ist nicht der modernste Jet der Welt. Aber ein fortgeschrittener Multirole-Fighter und gegenüber den ukrainischen Maschinen der Typen Su-27, Su-24 und MiG-29 eine deutliche Verbesserung. Sie verfügt über ein leistungsfähigeres Radar. Da Kiew ohnehin westliche und auch französische Waffensysteme für die Jets benutzt, wird deren Einsatz deutlich vereinfacht. Die Mirage 2000-5 ist für diese Waffen vorgesehen, die Sowjetjets müssen nachträglich angepasst werden.
Die Zahl der zugesagten Jets Mirage-Jets ist noch nicht bekannt, aber da in den 90er Jahren nur etwa 40 Stück der 2000-5 gebaut wurden, dürfte sie überschaubar bleiben. Und als Signal gleichwohl funktionieren, an die Ukraine einerseits, an den Machthaber im Kreml andererseits. Man meint es ernst mit der Unterstützung, sie wird nicht abreißen.
SU-35 10.42
Ein Vergleich einzelner Leistungsdaten der Mirage mit denen von Putins Maschinen ist nur für Quartett-Fans interessant. Der Einsatz von Kampfjets geschieht heute in einer integrierten Luftverteidigung und nicht als Dog-Fight, nicht Maschine gegen Maschine wie zu Zeiten des Roten Barons. Die größte Gefahr droht allen Maschinen am Boden, und hier sind alte Jets genauso verwundbar wie die modernsten. Die hohe Reichweite der russischen Luft-Luft-Raketen bleibt auch für die Mirage eine Herausforderung.
Luftraumüberwachung entscheidet Luftkämpfe
Die Seite, der eine tiefe Überwachung des gegnerischen Luftraums und des Bodens gelingt, ist grundsätzlich im Vorteil beim Einsatz von Kampfflugzeugen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Ukraine hier von den Fähigkeiten der Nato-Staaten profitiert. Anders formuliert: Russlands Luftwaffe steht vor dem Problem, dass diese Aufgaben von Kommandozentralen und Flugzeugen vorgenommen werden, die Russland nicht attackieren darf. Während die eigenen Überwachungsflugzeuge vom Typ Berijew A-50 von der Ukraine angegriffen und zerstört werden.
Verbal ist der französische Präsident bereits sehr weit gegangen. Bei der Mirage 2000-5 wird sich zeigen, wie weit Frankreich in der Praxis geht. Es ist immer von Piloten die Rede — kommen sie? Dürfen sie kommen? Ein Befreiungsschlag wäre es, ehemalige Piloten der Maschine im Westen anzuwerben. Auch hier, wie beim Einsatz der Jets, ist die Ukraine auf die Hilfe der Unterstützerstaaten angewiesen.
Ebenso wichtig wäre das Bodenpersonal, um die Maschinen zu warten und zu munitionieren. Wird Frankreich wirklich eigene Techniker schicken, oder müssen dann doch Ukrainer umgeschult werden? Bei Kampfpanzern wie dem Leopard 2 hat sich gezeigt, dass Fehler in der Wartung, Handhabung und Instandsetzung den Maschinen stark zusetzen.
Ist die Mirage 2000-5 der nächste Game Changer?
Was bedeutet Game Changer? Wenn man darunter verstehen möchte, dass ein einzelnes Waffensystem den Kriegsverlauf komplett verändert, gibt es überhaupt keine Game Changer. Anders ist es, wenn man einen merklichen Einfluss auf den Kriegsverlauf meint. Den können Mirage 2000-5, F-16 und eventuell Saab Grippen aus Schweden durchaus erreichen.
37m auf SU30
Zunächst wird es darum gehen, Schlimmeres zu verhindern. Kiew verliert unentwegt fliegendes Material. Wird das nicht ersetzt, gibt es bald überhaupt keine Luftwaffe mehr. Dann wäre die Ukraine den russischen Luftangriffen ausgeliefert und könnte auch keine luftgestützten Marschflugkörper mehr einsetzen. Ein fatales Szenario, das mit der Lieferung von Mirage und F-16 auf jeden Fall verhindert werden soll – und wohl auch wird.
Darüber hinaus kann Kiew mit den Jets aber auch die russische Lufthoheit über Teilen der Front brechen, russische Bomber beim Ausklinken ihrer Gleitbomben angreifen und Ziele tief in Russland angreifen. Ob das möglich ist, hängt nicht von technischen Einzeldaten, sondern davon ab, wann und in welcher Menge westliche Kampfjets tatsächlich einsatzfähig sind. Kommt immer nur alle paar Monate eine Handvoll Maschinen, werden sie keine entscheidende Wirkung erzielen. Aber wenn 50 bis 60 Maschinen zeitgleich einsatzfähig wären? Wird sich die Front verändern, ohne Zweifel.
Quelle: Air Comos, Forbes
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Author : Gernot Kramper
Publish date : 2024-06-07 13:20:00
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