Die Kämpfe im Nahen Osten wurden auch in der Nacht fortgesetzt. Israel flog Angriffe im Libanon und in Syrien. Auch die jemenitischen Huthi-Rebellen griffen überraschend ein. Die Lage im Überblick.
Die israelische Armee hat am Donnerstag nach libanesischen Angaben das Zentrum von Beirut aus der Luft angegriffen. Sechs Menschen seien getötet worden, erklärte das libanesische Gesundheitsministerium. Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, die ersten Todesopfer in den eigenen Reihen seit Beginn ihrer Bodenoffensive im Libanon verzeichnet zu haben.
Bei dem Luftangriff im Zentrum der libanesischen Hauptstadt seien zwei Menschen sofort getötet worden, teilte das Ministerium mit. Vier weitere seien ihren Verletzungen erlegen. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP in Beirut hörten eine laute Explosion. Aus Hisbollah-Kreisen hieß es derweil, Israel habe am Mittwochabend drei Angriffe auf südliche Vororte der libanesischen Hauptstadt geflogen. Es war die dritte Serie israelischer Angriffe auf die Hochburg der pro-iranischen Miliz innerhalb von 24 Stunden.
Die israelische Armee rief in der Nacht die Bevölkerung in Teilen von Süd-Beirut zur Evakuierung auf. “Sie befinden sich in der Nähe von Einrichtungen (…), die mit der Hisbollah in Verbindung stehen, gegen die die israelische Armee in naher Zukunft vorgehen wird”, erklärte Armeesprecher Avichai Adraee. Er nannte dabei die Viertel Haret Hreik, Burdsch al-Baradschne und Hadath Gharb.
Libanon Beirut Flucht Israel Michel 19.50
Kampf gegen die Hisbollah
Israel geht derzeit mit massiven Luftangriffen gegen die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon vor. Die Hisbollah hatte unmittelbar nach dem Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit regelmäßigen Raketenangriffen aus dem Libanon eine zweite Front gegen Israel eröffnet. In den vergangenen Tagen nahm der Hisbollah-Beschuss weiter zu, insbesondere nach der Tötung des langjährigen Anführers der Miliz, Hassan Nasrallah, vergangene Woche Freitag.
Bei den Kämpfen gegen die Hisbollah-Miliz im Südlibanon seien am Mittwoch acht Soldaten getötet worden, erklärte die israelische Armee. Sie gab zunächst die Tötung eines ersten Soldaten seit Beginn der Gefechte im Nachbarland bekannt, später erklärte sie dann, dass “sieben weitere Soldaten gefallen” seien.
Israel hatte in der Nacht zum Dienstag nach eigenen Angaben einen “begrenzten” Bodeneinsatz im Süden des Libanon begonnen. Am Dienstagabend griff der Iran Israel mit rund 200 Raketen an – zum zweiten Mal nach einem Angriff mit hunderten Drohnen und Raketen im April. Der israelischen Armee zufolge wurde ein großer Teil der Raketen abgefangen. Nach Angaben Teherans handelte es sich um eine Vergeltungsaktion unter anderem für die Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah.
Greift Israel die iranischen Atomanlagen an?
Laut israelischen Beamten könnten Ölförderanlagen und andere strategische Einrichtungen im Iran ins Visier genommen werden, berichtete das Nachrichtenportal weiter. Die “New York Times” hatte zuvor unter Berufung auf US-Beamte gemeldet, in einem möglichen Szenario könnte Israel auch Irans Nuklearanlagen angreifen. Insbesondere die Anreicherungsanlagen in Natans, dem Herzstück des iranischen Atomprogramms, könnten im Visier stehen, hieß es. Der Iran behauptet, es diene nur zivilen Zwecken. Das sehen Israel und der Westen anders.
“Israel darf diese einmalige Gelegenheit zur Zerstörung des iranischen Atomprogramms nicht verpassen”, schrieb der frühere israelische Ministerpräsident Naftali Bennett auf der Plattform X. “Wenn wir es jetzt nicht tun, sehe ich nicht, dass es jemals passieren wird”, meinte er. UN-Generalsekretär António Guterres forderte die Konfliktparteien erneut zu einer Waffenruhe auf. “Die wütenden Brände im Nahen Osten entwickeln sich rasch zu einem Inferno”, sagte er bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York.
Guterres “unerwünschte Person” – UN: Politisches Statement
Guterres ging nicht darauf ein, dass Israel ihn zuvor zur “unerwünschten Person” erklärt und dies unter anderem damit begründet hatte, dass der UN-Generalsekretär den iranischen Raketenangriff nicht eindeutig verurteilt habe. Die Vereinten Nationen sehen in Israels Erklärung einen politischen Schachzug. Es handle sich um einen weiteren Angriff auf einen UN-Mitarbeitenden durch Israels Regierung, sagte Guterres’ Sprecher Stéphane Dujarric.
Derweil geht Israel weiter massiv gegen die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon vor. Details zu dem gezielten nächtlichen Angriff in Beirut nannte die Armee zunächst nicht. Ersten Berichten zufolge wurde eine Wohnung in einem Gebäude getroffen. Nach Behördenangaben gab es neben mindestens sechs Toten im Stadtviertel Basta-Bachoura auch sieben Verletzte. Augenzeugen in Beirut berichteten zudem von mehreren Angriffen auf einen südlichen Vorort der Stadt. Explosionsgeräusche waren in der ganzen Hauptstadt zu hören. Anwohner berichteten von über der Stadt kreisenden Drohnen und Kampfflugzeugen.
Tote auf beiden Seiten
Erstmals seit Beginn der Bodenoffensive erlitten die israelischen Streitkräfte Verluste, acht Soldaten fielen im Kampf mit der Hisbollah, wie die Armee bekanntgab. Bald ein Jahr nach Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober verlagert sich der Schwerpunkt der Kämpfe damit in Richtung des nördlichen Nachbarlandes. Erklärtes Ziel Israels ist es, die Schiitenmiliz von der Grenze zu vertreiben, damit rund 60.000 evakuierte Israelis in ihre Häuser zurück können. Allein am Mittwoch wurden nach offiziellen Angaben bei israelischen Angriffen 46 Menschen im Libanon getötet. 85 weitere wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.
Zahl der Vertriebenen steigt
Infolge der massiven israelischen Angriffe stieg die Zahl der Vertriebenen im Libanon nach Regierungsangaben auf rund 1,2 Millionen. Rund 160.000 Menschen davon sind nach Aussagen des Leiters des Notfallausschusses der Regierung, Nasser Yassin, in Notunterkünften untergekommen. Die anderen seien zu Freunden, Verwandten, in Hotels oder in eigene Häuser in anderen Gegenden gezogen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Nach Regierungsangaben überquerten seit Beginn der intensiven israelischen Angriffe vergangene Woche fast 300.000 Menschen die Grenze nach Syrien.
Die Bundeswehr ließ unterdessen weitere 130 deutsche Staatsangehörige über den Flughafen von Beirut nach Deutschland ausfliegen. Die besonders gefährdeten Deutschen seien von einem Airbus A330 der multinationalen Lufttransporteinheit MMU (Multinational Multi Role Tanker Transport Unit) abgeholt worden, teilten das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Die Maschine landete am Abend in Frankfurt am Main. Zuerst hatte der “Spiegel” über den Flug berichtet. Bisher seien mit Bundeswehrmaschinen insgesamt 241 Personen aus dem Libanon ausgeflogen worden, teilten die Ministerien mit.
Etwa 100 US-Bürger und Mitglieder ihrer Familien haben nach Angaben des Außenministeriums in Washington den Libanon verlassen. Sie seien im Rahmen eines Fluges außer Landes gebracht worden, der mit einer kommerziellen Fluggesellschaft vereinbart worden sei. Ministeriumssprecher Matthew Miller sagte am Mittwoch, bei der Verbindung nach Istanbul habe es sich nicht um einen Charterflug gehandelt, jedoch auch nicht um einen Flieger der staatlichen libanesischen Fluggesellschaft Middle East Airlines (MEA), die die einzige kommerzielle Airline ist, die Linienflüge von und nach Beirut anbietet.
Jemenitische Huthi-Rebellen greifen mit Drohnen Tel Aviv an
Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen hat nach eigenen Angaben erneut die israelische Küstenmetropole Tel Aviv mit Drohnen angegriffen. Das israelische Militär teilte mit, eine Drohne vor der Küste im Großraum Tel Aviv abgefangen zu haben. Eine weitere Drohne fiel demnach auf offenes Gelände.
Die Huthi erklärten, die Drohnen hätten ihr Ziel erreicht. Die Miliz habe die angeblich neuen Drohnen namens “Jaffa” eingesetzt, die Sari erstmals im Juli erwähnte. Tel Aviv liegt etwa 1.800 Kilometer vom Jemen entfernt. In der südlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Bat Jam gab es Raketenalarm. Berichte über Schäden oder Verletzte gab es zunächst nicht.
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Publish date : 2024-10-03 07:47:00
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