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Nuuk Airport: Wie eine neue Piste den Flugverkehr Grönlands revolutioniert


Ende November eröffnet Grönland einen neuen Airport in Nuuk. Damit verlagert Air Greenland sein Drehkreuz in die Hauptstadt – mit Folgen für Reisende.

Grönland kennen die meisten Passagiere nur aus der Luft, durch den Blick aus dem Flugzeugfenster auf einem Transatlantikflug von Europa nach Nordamerika. Die größte Insel der Erde liegt auf halbem Weg zwischen den Kontinenten. Dort unten gibt es keinerlei Straßen, die Siedlungen miteinander verbinden. Mit dem Auto kommt man nur bis zum Ortsrand. Daher erfolgt der Transport ausschließlich per Boot, Flugzeug und Hubschrauber oder im Winter bei kurzer Entfernung auch per Schneemobil oder Hundeschlitten. Wie kaum ein anderes Land ist das dünnbesiedelte Grönland mit einer Länge von 2670 Kilometern vom Luftverkehr abhängig.

Grönland öffnet sich

Wichtigster Flughafen im Streckennetz des Monopolisten Air Greenland ist Kangerlussuaq. Dabei handelt es sich um den im Zweiten Weltkrieg angelegten US-Luftwaffenstützpunkt Bluie West Eight, den die Amerikaner 1992 für symbolische 15 Cent an die Grönländer verkauften. Von hier aus fliegen die zweimotorigen Propellermaschinen vom Typ Dash 8-200 zu ihren Zielen entlang der Westküste. Hier ist auch der knallrote Airbus A330-200neo von Air Greenland stationiert, aber nicht mehr lange. Das einzige Großraumflugzeug der Airline mit 305 Sitzplätzen sorgt für die wichtige Verbindung nach Kopenhagen. 

Grönland Expedition 19:41

Doch nur wenige Reisende wollen in Kangerlussuaq bleiben, ein Dorf mit nur 500 Einwohnern. In der Hauptstadt Nuuk leben dagegen fast 20.000 Menschen – mehr als ein Drittel der grönländischen Bevölkerung. Wer dorthin möchte, muss in eine der Turboprop-Flugzeuge mit nur 37 Sitzen umsteigen. Und das Wetter muss stimmen, denn die Piloten fliegen auf Sicht. Nuuk ist berüchtigt für Nebel, da kann der Flugverkehr tagelang zum Erliegen kommen. Nur die längeren Pisten in Kangerlussuaq und Narsarsuaq im Süden verfügen über technische Unterstützung für Piloten und sind für Landungen größerer Jets ausgelegt.

Nuuk als neues Drehkreuz

Ab Ende November 2025 soll Grönland erreichbarer werden. Dann wird der neue Flughafen in Nuuk seinen vollständigen Betrieb aufnehmen. Im Rahmen eines jahrelangen Großprojekts wurde die Landebahn von 895 Meter auf 2200 Meter verlängert und leicht versetzt, damit auch internationale Flüge dort landen können. Am Stichtag im November verlagert Air Greenland die Atlantikflüge und damit das Drehkreuz von Kangerlussuaq nach Nuuk.

Mit der neuen Piste in Nuuk wird es erstmals auch ein Instrumentenlandesystem (ILS) geben, das Anflüge unter Schlechtwetterbedingungen erlaubt: Für die Entscheidung, ob ein Pilot landen darf, reicht bei einem dann möglichen “CAT 1 Approach” eine freie Sicht von vertikal minimal 60 Metern und horizontal 550 Metern. Das dürfte zu einem erheblich stabileren Flugbetrieb führen.

Dem Ausbau ging eine jahrelange politische Kontroverse voraus. Denn bei der Ausschreibung hatte sich auch die staatliche chinesische China Communications Construction Company beworben. Das missfiel dem Nato-Mitglied Dänemark, sodass die Regierung in Kopenhagen einen Teil der Kosten zu günstigeren Konditionen für Grönland übernahm. Auch ein nicht so stadtnaher Standort auf der weiter südlich gelegenen Insel Angisunnguaq war im Gespräch. Doch das Vorhaben hätte durch Tunnel- und Brückenkonstruktionen die Baukosten noch einmal verdoppelt.

Fünf Jahre Baustelle im Permafrostboden

Die Umstände der 2019 begonnenen Bauarbeiten können in der Tundra mit Permafrostboden widriger nicht sein, da das Gelände von Felsmassiven und Wasser umgeben ist. “Wir haben viel weggesprengt und sechs Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt”, erklärt Milan Vraa der grönländischen Kalaallit Airports Group bei einem Rundgang auf der Baustelle. “Der neue Flughafen wird das Fliegen nicht nur innerhalb, sondern auch von und nach Grönland verändern.”

Inzwischen wurden der neue Tower, der Terminal und die Landebefeuerung an beiden Pistenenden mittels aufwendigen Stelzenkonstruktionen aus Stahl fertiggestellt. Die Beton- und Teerarbeiten konnten wegen des Frosts jeweils nur zwischen Juni und August durchgeführt werden. 

Seit Ende Juni werden die Passagiere für den innergrönländischen Verkehr im neuen Terminal abgefertigt, ein Quantensprung im Vergleich zu dem 50 Jahre alten Gebäude. Jetzt gibt es in dem Neubau, ein Entwurf des dänischen Architekturbüros Zeso, vier Check-in-Schalter und acht Automaten sowie einen großzügigen Wartebereich mit viel Holz zu den sechs Gates. Besonders smart ist ein Detail neben dem von den Gebr. Heinemann aus Hamburg versorgten Duty-free-Shop, wo man sich aus Schließfächern per Code vorbestellte Ware abholen kann.

Vorteile auch für Kreuzfahrtpassagiere

Pro Stunde können bis zu 400 Passagiere abgefertigt werden. Vor der Tür gibt es nun eine überdachte Vorfahrt mit Stellplätzen für Busse, die den nur zehnminütigen Transfer in den Hafen für Kreuzfahrtgäste übernehmen. Bisher gingen im Sommer die Linien- und Charterflüge nach Kangerlussuaq und vom Hafen per Boot zu den auf Reede liegenden Schiffen. In Hafen von Nuuk können die Kreuzfahrtschiffe direkt am Kai festmachen. Dementsprechend plant die französische Reederei Ponant bereits im März und April mehrere Passagierwechsel in Nuuk ein. 

Eine strategische Kooperation ist HX Hurtigruten Expeditions mit Air Greenland eingegangen. Rund 7000 Passagiere von HX werden nächstes Jahr direkt nach Nuuk fliegen und an Bord der norwegischen Expeditionsschiffe gehen. “Der Passagierwechsel in Nuuk bedeutet weniger Seetage von Reykjavik aus, mehr Zeit für Anlandungen in Grönland und Geld für die grönländische Wirtschaft”, sagte Daniel Skjeldam von der Hurtigruten Group bei einer Zeremonie beider Unternehmen im Hafen von Nuuk im Juni.

Außerdem erhöht Air Greenland die Kapazitäten: “Wir werden von Nuuk bis zu zweimal täglich nach Kopenhagen fliegen”, erklärt deren CEO Jacob Sørensen. “Damit wird Grönland auch aus anderen Teilen Europas innerhalb eines Tages erreichbar sein.” Durch die Zusammenarbeit mit der dänischen Jetline entfällt an manchen Tagen die Übernachtung auf Rückflügen in Dänemark. Auch die Flüge nach Billund in Dänemark werden nach Nuuk verlegt. “Der Flughafen Nuuk wird der neue Knotenpunkt für internationale und Inlandsflüge im ganzen Land sein”, so Sørensen. 

Bald fliegen vier statt zwei Airlines nach Nuuk

Und ein langgehegter Traum der Grönländer wird ab dem 15. Juni 2025 wahr: Zweimal pro Woche gibt es in der Sommersaison erstmals einen Nonstopflug von Grönland nach New York. United Airlines wird mit einer Boeing 737 Max in vier Stunden nach Newark in New Jersey verkehren. Der Umweg mit dem mehr als dreistündigen Propellerflug nach Keflavik in Island entfällt. 

Lost Paces Greenland 6.24

Icelandair wird ab Anfang Juni 2025 die Nuuk-Flüge auf Boeing-Jets umstellen, was die Flugzeiten auf zwei Stunden verkürzt. Nach mehr als zwei Jahrzehnten will auch SAS Grönland wieder anfliegen. Geplant sind ab dem 27. Juni 2025 drei wöchentliche Verbindungen von Kopenhagen nach Nuuk.

Der neue Flughafen wird nicht nur mehr Besucher auf die Insel bringen – 140.000 Touristen kamen im vergangenen Jahr –, sondern auch bedeutend für den Außenhandel werden. Die Haupteinnahmequelle des seit 2009 unter Selbstverwaltung stehenden Grönlands ist der Fischfang, meist exportiert als gefrorene Ware. Doch bald gibt es neue “800 Quadratmeter große Abfertigungskapazitäten für frischen Fisch per Luftfracht, deren Verkaufswert achtmal höher liegt”, so Milan Vraa.

Der Ausbau des Flughafens in der Hauptstadt Grönland ist der erste und wichtigste Schritt von drei Airport-Projekten. 2026 soll Qaqortoq im Süden einen Flughafen erhalten. Im selben Jahr wird die Startbahnverlängerung im weiter nördlich gelegenen Ilulissat fertig sein. Der Ort mit 5000 Einwohnern am Eisfjord ist das beliebteste Ziel bei Grönland-Besuchern. Dann wird die Region mit Mittelstreckenjets auch ohne Umsteigen aus Dänemark zu erreichen sein. “Dafür werden wir einen Airbus A320neo Ende 2026 in Dienst stellen, denn die A330 ist für die Strecke zu groß”, verrät Sørensen im Gespräch mit dem stern.

Wenn am 28. November als erster Jet der rote Airbus A330 von Air Greenland in Nuuk einschwebt, beginnt ein neues Kapitel der Luftfahrt in der Arktis. “Wir eröffnen nicht nur einen neuen Flughafen”, sagte Jens R. Lauridsen, der CEO der Kalaallits Airports Group, im Oktober dem Magazin “The Independent”. “Wir öffnen Grönland der Welt und schaffen Möglichkeiten für Wachstum und Entwicklung in jedem Sektor.”

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Author : Till Bartels

Publish date : 2024-10-27 16:28:00

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