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Großeinsatz in Unistadt: Person einbetoniert – Polizei räumt Wald für Neubaugebiet


Bäume müssen in Freiburg einem neuen Stadtteil weichen. In der neuen Woche sollen die Arbeiten weitergehen. Aktivisten wollen das Roden verhindern und greifen zu teils drastischen Mitteln.

Die Polizei hat ein von Aktivisten besetztes Waldstück in einem künftigen Freiburger Neubaugebiet geräumt. Dabei befreiten die Einsatzkräfte auch einen Menschen, der sich den Angaben nach in einer selbstgebauten unterirdischen Holzkonstruktion einbetoniert hatte. Am Montag sollen die Arbeiten fortgesetzt werden. Die Waldbesetzerinnen und -besetzer sind nach eigenen Angaben noch mit 10 bis 20 Leuten vor Ort in Baumhäusern.

Die Polizei leitete laut Mitteilung gegen mindestens neun Personen Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, das Vermummungsverbot und das Landeswaldgesetz. Am frühen Samstagabend hatte ein Polizeisprecher davon gesprochen, dass elf Menschen vorläufig festgenommen worden seien. 

Hintergrund sind Vorbereitungen für den neuen Stadtteil Dietenbach im Nordwesten der Universitätsstadt. Dafür müssen Bäume gerodet werden, was die Aktivisten verhindern wollen. Sie hatten vor geraumer Zeit unter anderem Baumhäuser gebaut und besetzt. Jedoch hatte die Stadt mit einer sogenannten Allgemeinverfügung einen Teil des Waldes von Samstag an gesperrt.

Kritik an Vorgehen der Polizei

“Im abgesperrten Bereich wurden mehrere Personen festgestellt und durch Beamte des Anti-Konflikt-Teams aufgefordert das Waldgelände zu verlassen”, teilte die Polizei am Abend mit. Das habe weitgehend friedlich geklappt. Eine kleine Personenzahl habe mehrere gebaute Baumhäuser besetzt. 

Die Aktivisten monierten ein aus ihrer Sicht gefährdendes Vorgehen der Einsatzkräfte und sprachen in einer Mitteilung auch von Polizeigewalt. Ein Beamter habe eine Traverse durchtrennt, an der noch ein Mensch gesichert gewesen sei. Auch hätten die Holzfäller nicht auf Abstände geachtet. Unter anderem sei ein Baum beim Fällen gegen einen anderen gekracht, auf dem sich Menschen befunden hätten. “Es hat super stark gewackelt”, schilderte eine Frau.

Die Polizei müsse die Rechte auch der Aktivisten beachten, erklärte eine Sprecherin. “Wir haben den Eindruck, wir werden als Vandalen abgestempelt. Und mit Vandalen kann man machen, was man will.” Dabei gehe es bei dem zivilen Ungehorsam darum, auf die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen. Ob sich die Gruppe rechtlich dagegen verteidigt, werde noch besprochen. Manche Situationen seien lebensgefährlich gewesen.

Einbetoniert in unterirdischer Holzkonstruktion

Die Polizei fand auch unter der Erde Menschen. Eine Person habe sich offenbar in eine Notlage gebracht, indem sie sich in der zweiten Etage des Holzbaus angekettet und in ein Beton- und Glasgemisch einbetoniert habe. 

“Durch den anhaltenden starken Regen und den aufgeweichten Erdboden bestand die Gefahr, dass die Seitenwände des Erdlochs ihre Tragkraft verlieren”, hieß es. Mit Unterstützung des Technischen Hilfswerkes seien die Wände stabilisiert worden. Die Person habe befreit werden können. Ein zweiter Mensch hatte die unterirdische Konstruktion selbstständig verlassen.

Das mit Erde zugeschüttete Holzhaus ist laut den Waldbesetzern etwa zwei Meter tief gewesen, ein Ofen habe im Aufenthaltsraum gestanden. Durch eine versteckte Tür sei man in eine Art Tunnel gelangt. 

Die befreite Person sagte, sie habe dort fünf bis sechs Stunden mit einem Arm an einer Kette in einem einbetonierten Rohr ausgeharrt. Einsatzkräfte hätten die Kette aufgeflext. Bis auf eine Unterkühlung sei aber alles in Ordnung. 

Die Sprecherin sagte, rund zwei Stunden seien die Aktivisten in Sorge gewesen. Die Polizei hatte nach ihrem Eindruck Hinweise auf Menschen unter der Erde nicht ernst genommen. Nach Auskunft des Präsidiums werden Fragen zum Vorgehen der Polizei erst Montag beantwortet.

Nacht blieb ruhig

Seit dem Morgen waren zahlreiche Beamte im Einsatz. Auch die ersten Bäume wurden schon gefällt. Leerstehende Baumhäuser wurden nach Polizeiangaben abgebaut. Zurückgelassene Gegenstände, Materialien und Unrat seien größtenteils geräumt und entsorgt worden. Eine Mahnwache musste der Mitteilung zufolge umziehen, darf aber weiter in Sichtweite stehen.

“Die Nacht ist absolut ruhig geblieben”, sagte ein Polizeisprecher am Sonntagmorgen. Es gebe keine Hinweise auf Beschädigungen, Farbschmierereien oder gar Brandstiftungen, die im Zusammenhang mit der Aktion stehen könnten. Ein Wochenende zuvor waren mehrere Baustellenfahrzeuge und Maschinen mutmaßlich in Brand gesetzt worden.

Geht es Montag weiter?

Am Sonntag wurden keine Bäume gerodet. Erst am Montag seien wieder Arbeiten geplant, sagte eine Stadtsprecherin. Ob die Polizei wieder dabei sein werde, sei noch unklar. Inwiefern Beamtinnen und Beamte das Gelände sichern, sagte der Polizeisprecher nicht. Den Aktivisten zufolge fuhren wenige Streifen an dem Waldstück vorbei. Sie rechnen mit einem weiteren Einsatz am Montag.

Freiburg leidet wie auch andere Großstädte unter chronischer Wohnungsnot. In dem neuen Stadtteil sollen künftig einmal 16.000 Menschen leben. Das Projekt hat für die südbadische Metropole Vorzeigecharakter – zum Spatenstich im Februar war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gekommen. Aktuell geht es unter anderem um das Verlegen von Leitungen und den Bau einer Stadtbahntrasse. 

Um die Rodung der Bäume hatte es ein langes rechtliches Hin und Her zwischen Umweltschützern und der Kommune gegeben. Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag (parteilos) zeigte Bedauern über den nötigen Aufwand für die Rodung, weil dafür Steuergelder aufgewendet werden müssten.




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Publish date : 2024-12-08 16:55:47

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