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Gedenken: KZ-Überlebende spricht am Ort ihrer Deportation


Im Thüringer Landtag spricht eine Shoah-Überlebende über ihre Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt – und das Wegschauen der Erfurter in der Straßenbahn.

Ingeburg Geißler ist zwölf Jahre alt, als sie abgeholt wird: Sie wird zu einer Gestapo-Sammelstelle gebracht, von der aus die Deportation starten soll – heute haben in dem Gebäude die Thüringer Landtagsabgeordneten ihre Büros. Es sei Ironie des Schicksals, dass sie in jedem Gebäude sprechen könne, in das sie abgeliefert worden sei, sagt Geißler bei einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus im Parlament. “Es ist für mich eine Genugtuung als Überlebende und freier Mensch hier auftreten zu können.”

Bilder von den Transporten bleiben

Geißler wurde 1932 als Kind eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter in Erfurt geboren. Ihre Familie wanderte 1933 zunächst nach Palästina aus, kehrte jedoch kurze Zeit später nach Deutschland zurück. Am 31. Januar 1945 wurde sie im Alter von zwölf Jahren in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. 

Sie überlebte, doch das Erlebte wird sie nicht mehr vergessen. Etwa, als Transporte “aus dem Osten” in Theresienstadt ankamen – mit Menschen, die eine lange Reise hinter sich hatten, mit Schwerkranken und Toten. Es sei für sie “das schlimmste Erlebnis” gewesen. “Diese Bilder werde ich aus meinem Gedächtnis nie verbannen können.” 

Ingeburg Geißler berichtete von ihrem Weg mit der Straßenbahn in Erfurt im Jahr 1945 zur Sammelstelle für die Deportation: eine Zwölfjährige, ein Stern, der sie als jüdisch kennzeichnete, und ein Polizist. “Die Straßenbahn war gut besetzt, die Leute fuhren zur Arbeit. Sie schauten uns an und dann schnell weg.”

Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) mahnte in seiner Rede zur Wachsamkeit. Die Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren erinnere daran, dass Gedenken nicht nur Rückschau sei, sondern Verantwortung bedeute, sagte er. “Verantwortung, wachsam zu sein gegenüber allen Anzeichen von Entmenschlichung, Hass und Ausgrenzung.”

Debatte über AfD-Kandidat

Im Vorfeld hatte die Debatte über die Wahl eines Vize-Landtagspräsidenten das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus überlagert. Der AfD-Abgeordnete Jörg Prophet kandidiert für diesen Posten. Buchenwaldgedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner wirft dem Politiker vor, geschichtsrevisionistische Positionen zu vertreten und den Holocaust zu verharmlosen. Die Wahl ist für Donnerstag angesetzt. 

CDU und BSW hatten signalisiert, einen AfD-Kandidaten mitwählen zu wollen, wenn die AfD im Gegenzug bei der Besetzung wichtiger Gremien mitwirkt, ohne die in Thüringen sonst keine Richter oder Staatsanwälte auf Lebenszeit berufen werden könnten. Prophet halten viele Abgeordnete aber für unwählbar. “Wir werden den Herrn Abgeordneten Prophet nicht wählen”, sagte schließlich noch vor der Gedenkveranstaltung der CDU-Fraktionschef Andreas Bühl. Das BSW lässt seine Abgeordneten selbst entscheiden, wie sie sich verhalten.

Landtagspräsident Thadäus König sagte während der Gedenkveranstaltung, die Gräueltaten des Nationalsozialismus seien kein abgeschlossenes Kapitel der Geschichte. “Sie sind ein Abgrund, dessen Echo bis heute in unserer Gesellschaft nachhallt.” Die Verantwortung ende nicht bei der Erinnerung. “Sie beginnt dort erst. Die Erinnerung allein ist stumm, wenn sie nicht von unserem Handeln begleitet wird”, betonte König.

Die Shoah-Überlebende Ingeburg Geißler sagte, man dürfe nicht zulassen, dass Antisemitismus und Fremdenhass etwa in den sozialen Medien verbreitet werden. “Wir alle tragen Verantwortung und müssen die Stimme gegen rechtsradikales Gedankengut erheben.” Die Millionen Opfer des Faschismus seien nicht vergessen. “Sie leben in unserem Herzen fort.”




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Publish date : 2025-01-29 15:22:00

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